20. Weit weg von der Heimat, wie ist das?


 27.11.2022, goldener Herbst in Tokio bei 20° C

 Nachdem ich so viel Posts darüber geschrieben habe, was ich in Japan alles Interessantes und Verrücktes erlebe, in meiner Umgebung in und um Tokio, wurde ich zudem häufig gefragt, was meine Familie und ich hier nun vermissen. Ja, wir vermissen Deutschland ein bisschen und am Anfang war das ein sehr starkes Gefühl, stärker als jetzt nach fast 4 Monaten. Noch niemals war ich so lange von zu Hause weg und dann auch noch so weit entfernt. Ganz ohne die Möglichkeit mal schnell mit dem Zug dorthin zu reisen. Mich erreichen auch die Herausforderungen, vor die Deutschland gerade gestellt wird, die Probleme vor denen jetzt viele Menschen in Deutschland stehen. In den Telefonaten mit Freunden und mit der Familie, habe ich versucht mir ein Bild zu machen, wie sie all dies empfinden...wie sie damit umgehen. Es ist seltsam, von so weit entfernt nur zu hören, von all den Dingen, die passieren in der Heimat. Zum Beispiel höre ich von sehr guten Freunden, die stark eingebunden sind, da sie sich für die Umwelt engagieren und diese kann ich nur von der Ferne mit Worten unterstützen. Das schmerzt sehr zu verfolgen, in welcher angespannten Lage sich die Menschen befinden, die mir sehr wichtig sind. Oder auch schöne Anlässe, die wir verpasst haben wie: Geburtstag, Feste, Feiern, die wir nicht miterleben konnten und auf denen wir ein wenig gefehlt haben. 

Uns gefällt es glücklicherweise kulinarisch in Japan sehr gut, weil wir viele Spezialitäten des Landes ausprobieren und für gut befinden konnten. (Ein Beitrag zu diesen Köstlichkeiten wird folgen ☝) Doch ganz banal und doch tatsächlich schrecklich vermisst: Was es hier kaum gibt, doch welches ich zum Glück mittlerweile entdeckt habe: Gutes Brot. Wie das simple Roggenmischbrot. Hier gibt es keine Brotbacktradition, wie wir sie aus Deutschland kennen. Weißbrot sowie Toastbrot, ja auch mit Körnchen drinnen ist das, was es zu kaufen gibt, in den Supermärkten. Selbst in den kleinen niedlichen Bäckereien, die es überall gibt, ist kein Roggenmischbrot zu finden- Fehlanzeige. Doch dann (nach endlosen faden Weißbrotwochen), habe ich einen deutschen Bäcker aufgetan, der von uns einen halben Kilometer weit weg eine kleine Bäckerei betreibt. Fast alle Sorten haben wir durchprobiert und wir sind dankbar, weil es ein Stück Heimat an unseren Tisch gebracht hat. Für diesen Moment des Genusses, hat es mich sehr glücklich gemacht. Vielen Dank dafür 😊 Zudem schmeckt dieses Brot auch unseren japanischen Freunden sehr gut. Ich kann den Bäcker nur empfehlen. Dieser erklärte mir noch eine Menge über sein Handwerk und über die höheren Preise seiner Backwaren in Japan, in Vergleich mit denen in Deutschland. So erfuhr ich, dass das Roggenmehl und Schrot leider hier sehr viel teuer ist und somit die Brote schlussendlich auch ein wenig teurer angeboten werden müssen. Das kleine Roggenbrot mit ca. 425g verkauft der Bäcker für 650 Yen (4,60€) und das große von 750g für 1200Yen (8,40€). Gerade mir gefällt sein Brot, welches mit Sauerteig gebacken wird und dadurch einige Tage zur Gärung benötigt, geschmacklich richtig gut.

https://baeckerei-boulangerie-benjamin.jimdosite.com/

Jedoch das Heimatgefühl, welches es für mich bedeutet, was zu Hause für mich bedeutet, das kann mir kein noch so gutes Roggenmischbrot geben und kein Essen, welches es nur in Deutschland gibt. Auch wenn ich hier vertraute Gerichte koche, ist es trotz alle dem ein bisschen anders. Da die Zutaten anders sind, schmecken die Gerichte auch ein wenig anders. Und ich denke, was ich mit Deutschland verbinde, nun gerade jetzt zur Vorweihnachtszeit, ist vor allem das Zusammensein mit der Familie! Irgendwie habe ich das vorher schon geahnt, aber es ist mir jetzt erst ganz bewusst geworden. Mein Mann ist bereits seit April diesen Jahres hier gewesen, also schon vier Monate vor den Kindern und mir. Das haben wir gemeistert, alle zusammen. Dank unserer Familien, die hinter uns stehen 🙏 unsere Kinder waren glücklich in ihren Einrichtungen, bei ihren Großeltern sowie Freunden. Ich war Leiterin einer Kita, mit Leidenschaft. Das ganze Gegenteil bedeutet das Leben für mich hier, mit so viel Zeit für mich und das macht mich äußerst dankbar. Hingegen anderer im Vorhinein geäußerter Meinungen, bin ich weit weg von Langeweile. Ich habe wieder mehr zu mir selbst gefunden. Nach ein paar Wochen, fühlte ich mich bereits sozial eingebunden in diese neue Gesellschaft, in Japan. Vor allem, weil auch ich Freunde gefunden habe. Ich bin ein höchst soziales Wesen, ich liebe es gute Konversation zu betreiben 😊, wie zum Beispiel in einen von den kleinen Cafés, teils mit eigenen Röstereien und Kuchenspezialitäten. 

Nun ist Tokio auch eine Heimat geworden, die uns allen vieren ans Herz gewachsen ist. Nach unserem Urlaub ist mir dieses Gefühl deutlich bewusst geworden. In der Kita wurden die Mädchen wieder mit offenen Armen empfangen. Sie entdecken mit großer Freude gemeinsam mit ihren Freunden Dinge, Menschen, Plätze die Tokio ausmachen, in dieser großartigen Kita, für die wir nach wie vor sehr dankbar sind. Also ja, das Leben funktioniert richtig gut, da wir uns  angenommen und wohl fühlen. Jedoch fehlen uns hin und wieder unsere Familien und Freunde, deswegen freue ich mich umso mehr, dass wir jetzt im Dezember zurückkommen, für einen Urlaub zu Weihnachten und wir gemeinsam mit der Familie den Advent feiern. Eine Tradition, die es schon gab bevor ich geboren wurde und jetzt nachdem unsere Kinder geboren sind weiterlebt. Begründet durch meine Großeltern, die es leider nicht mehr gibt… Das bedeutet gemeinsam, das erste Mal das Weihnachtsgebäck probieren, natürlich das selbst gebackene Weihnachtsgebäck. Es gibt Knusprige Kekse, saftigen Stollen, schokoladenüberzogenen Lebkuchen 😋 Es wird gesungen, was das Zeug hält, weil wir auch noch musikalisch sind. Fast alle zumindest 🤭 

Umso näher diese Weihnachtszeit rückt, desto mehr fühle ich, wie sehr mir das alles fehlt. Was freue ich mich auf zu Hause 🤗 Und ich weiß, dass die Kinder die Großeltern auch sehr vermissen und sich auch schon wahnsinnig auf all das freuen. Nun ist es endlich bald soweit und ich denke, es wird großartig. Mit Familie, Freunde, Wald, See, Weihnachtsmarkt und sicherlich vielen herzlichen Umarmungen 🤗 Deutschland, wir kommen!

Kommentare

  1. Wir freuen uns auch auf Euch und Eure spannenden Berichte. Seid lieb gedrückt!

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